Drei Bunte Hunde auf dem Rad

Joub Jannine vom Dach der Schneller-Schule aus gesehen

Joub Jannine vom Dach der Schneller-Schule aus gesehen

Am Samstag morgen ist auf dem Gelände vor Joub Jannine der Souk, der Markt. Zu kaufen gibts alles. Auf unserer Einkaufsliste stehen Gemüse, Früchte, Oliven, Gewürze, eine Schere, ein Schraubenschlüssel und ein Schneidebrett.

Von der Schneller-Schule geht man zu Fuss etwa eine Stunde, bis man am Souk ist, mit dem Fahrrad gehts schneller. Die Deutschen Volontäre haben für sich und mich 3 Fahrräder aus dem Bestand der Schule aufgemöbelt und so schieben wir jetzt unsere Räder über den Markt.

Vor zwei Wochen haben wir auf dem selben Markt ein Bratpfannen-Set (3 Pfannen), sowie einen Kochtopf gekauft für total 15 Schweizer Franken. Die Preise sind billig, manchmal. Für 4 Kilo Gemüse bezahlen wir 3 Franken, für 10 Äpfel das Doppelte. Es kommt immer draufan, wie schlau die Verkäufer sind und wie dumm die Käufer. Unter dem Strich können wir uns nicht beklagen.

Nach dem Markt fahren wir noch in den Supermarkt in der Stadt und ergänzen unsere Einkäufe mit Philadelphia-Frischkäse, Kinder-Schokolade und all den notwendigen Erzeugnissen der globalisierten Lebensmittel-Industrie.

Wer im Libanon mit dem Fahrrad herumfährt, fällt auf wie ein bunter Hund. Die Leute lächeln. Vielleicht über die verrückten Ausländer, die sich da mühevoll abstrampeln, vielleicht aber auch, weil sie sich erinnern, dass im Frühling eine Gruppe von Esten entführt wurde, die auch mit dem Fahrrad unterwegs war.

Aus dem Supermarkt tretend, werden wir sogleich auf eine Tasse Kaffee eingeladen. Die beiden Männer sehen nicht aus wie Entführer, also sagen wir zu. Wir werden in eine noble Wohnung geführt, wo wir mit türkischem Kaffee, Saft und Dattelkeksen bewirtet werden.

Wir werden der ganzen Familie vorgestellt und tauchen ein Wenig ein in ein Familien-Leben in der libanesischen Oberschicht. Die Kinder haben alle an guten Universitäten studiert, Bilder von den Diplomzeremonien stehen überall herum. Universitäre Ausbildung ist teuer und ein Status-Symbol. Die Familie hat eine Zeit lang in Brasilien gelebt und hat Verwandte in den USA. Ein Bruder, der leider abwesend ist, arbeitet (oder arbeitete) für das libanesische Umwelt-Ministerium.

Nach etwa einer halben Stunde schaltet der Familien-Patriarch den Fernseher an, wohl ein Zeichen, dass der Besuch langsam beendet ist. Wir werden herzlich verabschiedet, nicht jedoch ohne noch für ein Foto zu posieren und Facebook-Kontakte ausgetauscht zu haben. Hier haben alle Facebook.

Wir fahren die Hauptstrasse von Joub Jannine entlang und suchen einen Imbiss, da werden wir schon von den nächsten lächelnden Männern zum Tee gebeten. Wir setzen uns zwischen Ofenrohren und Bananenschachteln in den Eingang des Ladens und plaudern.

Da wir nicht viel Arabisch, und die Ladenverkäufer weder Englisch noch Französisch sprechen, gestaltet sich das Plaudern sehr spontan. Nach einigen Minuten Kauderwelsch fällt dem Verkäufer schliesslich ein, dass Hitler ja ein Deutscher war, und der wird in jeder Sprache gleich ausgesprochen. Der Mann malt zur Sicherheit noch ein Hakenkreuz auf ein Papier. Meine Begleiter nehmen es eher verlegen zur Kenntnis. Als Deutscher muss man mit solchen Dingen offenbar rechnen.

Wir beenden unseren Ausflug in die Stadt mit einem Halt beim Schnell-Imbiss, wo wir uns eine Art warmes Käse-Sandwich zu Gemüte führen. Wir loben den Wirt dermassen in den Himmel, dass er gar kein Geld annehmen will und uns sogar noch eine ganze Tüte Gewürzmischung zum Abschied mitgibt.