Es grüsst der libanesische Januar
Nach meinem „Fronturlaub“ in der Schweiz hat letzte Woche der Schulbetrieb wieder begonnen an der Johann Ludwig Schneller-Schule im Libanon. Bereits am Mittwoch nachmittag machte sich auf den Gesichtern mancher Angestellten ein erwartungsfrohes Lächeln breit: „Es gibt Schnee!“
Was das bedeutet, wurde mir schon am Donnerstag vor Augen geführt. Als ich um 07.00 Uhr aus dem Fenster schaute, sah ich den Schnee in grossen, schweren Flocken vom Himmel fallen. Eine Stunde später fiel immer noch Schnee und ich sah die Schulbusse vorfahren. Ich dachte die Busse wären vielleicht verspätet aufgrund des Schneefalls, obwohl der Schnee nicht liegen blieb auf den Strassen, jedenfalls nicht in unserer Umgebung.
Bei einem Blick aus dem anderen Fenster im Wohnzimmer, sah ich, dass unser Balkon unter Wasser stand. Der winzige Abfluss war mit Tannen-Nadeln verstopft. „Hoffentlich ist der hausseitige Absatz höher, als der äussere Rand des Balkons“, hoffte ich noch und schaute auf meine Füsse. Der Teppich unter mir hatte sich schon vollgesogen mit dem Wasser, das bei der Balkontür hereinlief.
Johannes hat sich dann geopfert, draussen barfuss den Abfluss zu entstopfen und das Wasser abzuschöpfen. Die nächste halbe Stunde verbrachten wir mit Aufräumarbeiten im Wohnzimmer.
Als ich um etwa 09.30, der Schneefall war mittlerweile in Regen übergegangen, über den Schulhof in Richtung Computer-Raum ging, erkannte ich erst, warum die Schulbusse aufgefahren waren. Auf den Gesichtern der Leute hatte sich das Lächeln nun noch etwas vergrössert und jemand informierte mich, dass der Schulunterricht für die Woche zu Ende sei. Der Chef hatte den Stecker gezogen und an der Schule war eine grossangelegte Evakuation im Gange. Die Internatskinder hatten bereits ihre Taschen gepackt und waren auf dem Weg zu den Bussen, welche nicht Kinder ausluden, wie ich gedacht hatte, sondern sie vielmehr wieder einsammelten.
Zu diesem Zeitpunkt hielt ich das noch für eine Überreaktion, doch es sollte sich herausstellen, dass es wohl die richtige Entscheidung gewesen war. Aber der Reihe nach.
Um 10.00 Uhr hatte sich das Schulgelände bereits in eine Geister-Stadt verwandelt. Zusammen mit Johannes eilte ich zu Monah vom Maintenance-Department, um ihn zu bitten, uns noch ein Wenig Heizöl herauszugeben, damit wir mal den Ölofen in unserer Wohnung anwerfen konnten, um unsern Teppich trocken zu kriegen.
Um 12.30 Uhr sass der harte Kern der Zurückgebliebenen, Hans von der Buchhaltung, die Deutschlehrerin Maria, die Volunteers, Erzieher Ara und ich beim Mittagessen in der Dining Hall und staunte über die Effizienz, mit welcher die Evakuation abgelaufen war.
Am Nachmittag fing es wieder an, zu schneien, und wie. Tony, der Mathematik-Lehrer mit einem Faible für Meteorologie, hatte mich am Dienstag noch aufgeklärt: In Khirbet Qanafar fällt etwa gleich viel Niederschlag wie in Paris, aufs Jahr gerechnet. Aber während es in Frankreich konstant immer mal wieder regnet, fällt praktisch die gesamte Niederschlagsmenge in der Bekaa in den Monaten Januar und Februar.
Den Nachmittag verbrachten wir in unserer Wohnung in einem wohligen Nebel von Heizöl, schlechter Luft und Wasserdampf. Wir hielten es für eine gute Idee, das Wohnzimmer auf geschätzte 25 Grad zu aufzuheizen, um den Teppich wieder trocken zu kriegen. Das war an sich keine schlechte Idee, nur ans Arbeiten war in diesem Dämmerklima nicht zu denken.
Als wir dann abends beim Take-Away Sandwiches bestellen wollten, wurde uns beschieden, dass es keinen Hauslieferdienst gäbe. Ein Blick aus dem Fenster erklärte warum. Der Regen war wieder in Schnee übergegangen und es lagen bereits etwa 10cm Schnee. Die Kinder bei diesen Verhältnissen noch nach hause schicken zu müssen, wäre gefährlich gewesen. Gut, dass sie zu dem Zeitpunkt schon alle zuhause waren.
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