Passformalitäten

Da steht man also um 2 Uhr morgens im fahlen Neon-Licht am Flughafen Beirut mit dem frischgestempelten Pass in der Hand und fragt sich das erste Mal, was das für eine Welt ist, in der man gelandet ist.

Einen Monat lang hatte ich auf das Visum warten müssen, weil sich die Staatssicherheits-Bürokratie in Beirut nicht sicher war, ob sie mich ins Land hineinlassen wollten. Ein Jahr lang soll das Visum gültig sein, genug Zeit also, die verbleibenden 5 Monate meines Zivildienstes im Land abzuleisten und nachher noch zu reisen. Darüber hinaus kann ich beliebig oft ein- und ausreisen wie ich will.

Ohne Visum wäre es kompliziert geworden. Die Touristen-Visa gelten nur einen Monat, ich hätte also alle vier Wochen nach Syrien oder Zypern ausreisen müssen, um mir einen neuen Stempel zu holen. Aber jetzt hat sich ja alles zum Guten gewendet und ich stehe bei der Gepäckausgabe und warte auf meinen Rucksack.

Um die Zeit zu verkürzen nehme ich nochmals meine Pass hervor um mir dn Visumseintrag anzuschauen. Eine Marke hat der Passbeamte reingeklebt, für die ich 35 US-Dollar bezahlen musste und darunter prangt der Stempel, zum Glück auf französisch und nicht in arabischer Schrift, und ich lese und erschrecke: Gültig einen Monat, ein Grenzübertritt.

Und so stehe ich dann eben da im fahlen Licht des Beiruter Flughafens und frage mich, was das für eine Welt ist, in der ich gelandet bin.

Hat der Beamte vielleicht aus Versehen den falschen Stempel erwischt? Oder hat er es gar absichtlich gemacht? Und Geld hab ich ihm auch noch gegeben dafür!

Verunsichert nehme ich meinen Rucksack in Empfang und begebe mich zum Ausgang, wo ich von George, einem freundlichen Mitarbeiter der Schneller-Schule erwartet werde. Ich zeige ihm meinen Pass-Eintrag, aber er kennt sich nicht aus und so muss ich mich erst mal gedulden. Wir fahren also durch das nächtlich ruhige Beirut, dann aus der Stadt hinaus, über den Pass-Übergang ins Bekaa Tal, wo die Schule liegt.

Nach einigen kurzen Stunden Schlaf werde ich am nächsten Morgen von Herrn Haddad, dem Präsidenten der Schneller Schule herzlich begrüsst. Und bald stellt sich heraus, dass alles in Ordnung ist. Mein definitives Visum muss ich auf dem Polizei-Posten im nächsten Ort in den nächsten paar Wochen abholen. Der Eintrag im Pass dient nur zur Überbrückung.

Und so kann nun mein Zivildienst-Einsatz beginnen an der Johann Ludwig Schneller-Schule in Khirbet Qanafar, West Beqaa, Libanon.