Weihnachtsrummel

Als ich vor zwei Jahren mein Praktikum in Chile absolviert hab, war das Einzige, was einen an Weihnachten erinnert hat, der von CocaCola gesponsorte Plastikweihnachtsbaum an der Hauptverkehrsstrasse in Santiago. Wie anders ist es hier!

Am 6. Dezember wurde in der Kirche Nigginäggi gefeiert, wie es sich gehört. Weil der kamerabewaffnete Zivildienstleistende vom Anlass nichts wusste und durch Abwesenheit glänzte, durften die beiden improvisierten Santichläuse vor dem Lichterlöschen nochmals durch die Familien stampfen (diesmal mit Fotograf), ein zweites Mal Nüsse und Mandarinen verteilen und mit den Kindern singen. Den Kindern und den Chläusen wars recht.

Auch die schönen Nadelbäume, die normalerweise unauffällig den Schulhof säumen, schmücken sich hier und da schon mit glänzenden Weihnachtskugeln und Glitzerketten. Der Erzieher Shafic hat einen Santichlaus-Baum erkoren, den der über und über mit Chlausen-Mützen behängt hat (bevor der strenge Dezemberwind sie wieder herunterblies). Und jeden Tag, wenn man über den Schulhof geht, schaut man etwas genauer hin als normal, ob sich nicht etwa noch eine weitere Tanne mit Kugeln und Lichtern geschmückt hat.

In Jeder Internatsfamilie haben sich die Betreuer und die Kinder Mühe gegeben und Dekorationen aufgestellt. Weihnachtsbäume, Krippenspiel und natürlich darf der Adventskranz nicht fehlen.

Auch in der Kirche hängt schon ein wunderschöner Adventskranz. Und natürlich wird jeden Sonntag eine Kerze mehr angezündet. Die deutschen Volunteers haben für ihre jeweiligen Familien Advendskalender gebastelt. Die Volunteers legen sich richtig ins Zeug. Am Freitag nachmittag schmücken sie in der Kirche den Weihnachtsbaum.

Am Samstag dann besuche ich Maria die Deutschlehrerin, welche mit den Mädchen aus der Familie 3 von Erzieherin Daad gerade Plätzchen aussticht. Laura, die Frau des Direktors, schaut vorbei und bringt zusätzliche Kuchenbleche. Wenn ich keine Bilder von den eifrig ausstechenden und dekorierenden Mädchen mache, renne ich zum Ofen einen Stock tiefer und bringe die neue Charge Engelchen-, Herzchen- und Weihnachtsbaum-Gutzi (in Deutschland sagt man Plätzchen) zum Ausbacken.

Immerhin kann ich am Schluss selber noch einen kleinen Beitrag leisten. Aus Johannes‘ Bastelkiste klaue ich mir ein paar Bändel, mit denen ich die Säckchen, in welche die Gutzi abgefüllt wurden, zubinde, zwei Säckchen pro Mädchen, zum Verschenken – oder Selberessen.

Auf dem Rückweg vom Mädchenhaus gehe ich noch kurz beim kleinen Quartierladen vorbei, kaufe noch ein paar Kleinigkeiten und gehe zurück Richtung Schu… Moment, da stimmt was nicht mit dem Mond. Das ist ja eine beinahe totale Mondfinsternis. Ich renne in die Wohnung, hole meine Kamera, um das Ereignis festzuhalten. Leider ist ohne Stativ nicht viel zu machen. Das Ereignis spricht sich herum und die Kinder, welche eigentlich auf die Prüfungen lernen sollen nächste Woche kommen auf den Hof hinaus, um das seltene Phänomen zu betrachten.

Und so ist es der dritte Advent geworden. In zwei Wochen schon fliege ich in die Schweiz zurück, um Weihnachten mit meiner Familie zu feiern. Einen Weihnachtskulturschock werde ich wohl nicht erleiden, wenn ich in Zürich ankomme.