Willkommene Besucher

Stifter- und Vorstandsreise zu den Schneller-Schulen (21.-30. November 2015)

Wer reist gegenwärtig schon ohne ein mulmiges Gefühl in den Libanon, nach Jordanien, Jerusalem und Bethlehem? Die Nachrichten aus dem Nahen Osten vermitteln oft den Eindruck, dass dort nichts mehr sicher ist. Trotzdem fliegen wir dorthin: eine Gruppe von 21 Engagierten, die sich im Vorstand des deutschen und des Schweizer Schneller-Vereins oder durch ihre Beiträge zur Schneller-Stiftung für die Schulen in Khirbet Kanafar/Libanon und in Amman einsetzen. Dr. Uwe Gräbe als Leiter der Gruppe hat mit einer örtlichen Reiseagentur ein Besuchsprogramm ausgearbeitet, bei dem Gefahrenpunkte umgangen und die Reisewege aktuell verändert werden können.

Die Freude über unser Kommen ist groß: Wir feiern mit Dr. Habib Badr in der nationalen evangelischen Kirche in Beirut, Trägerin der Johann Ludwig Schneller-Schule, den Gottesdienst am Ewigkeitssonntag, können sogar zu den eindrucksvollen antiken Orte Byblos und Baalbek fahren. Wir begegnen einer ungebrochen lebendigen Schularbeit in Khirbet Kanafar, nur 25 km von der syrischen Grenze entfernt. Schulleiter Dr. George Haddad berichtet, dass die syrischen Flüchtlingskinder, die die Schule aufgenommen hat, inzwischen gut integriert sind, soweit das in der gegenwärtigen Situation und angesichts ihrer traumatischen Erfahrungen möglich ist. Wir sprechen mit den syrischen Flüchtlingsmüttern, die täglich mit ihren kleinen Kindern aus einem Lager abgeholt werden und in einem Frisiersalon ausgebildet werden – zusätzlich zu denen, die einen Kurs als Schneiderinnen erhalten. Ihre Schicksale berühren uns ebenso tief wie ihre Dankbarkeit für die Aufnahme in der Schule.

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Treffen mit Interimsdirektor Khaled Freij an der TSS in Amman

Mit Jordanian Airlines fliegen wir auf dem Umweg über den Golf von Akaba nach Amman. Zu sehen, wie die Kinder und Jugendlichen in der Theodor Schneller-Schule geschützt leben und gefördert werden – wenn auch an vielen Stellen Renovierungsbedarf besteht –, bestärkt uns in der Einschätzung, wie sinnvoll und notwendig unsere Unterstützung ist. Die Einbeziehung behinderter Kinder in die sportlichen Spiele, die Kooperation zwischen dem muslimischen Religionslehrer und der christlichen Religionslehrerin und nicht zuletzt die inzwischen selbstverständliche Präsenz von Mädchen in Kindergarten und Schule sind positive Beispiele, die zeigen, wie fruchtbar sich die intensive Zusammenarbeit von Schulleiterin Khalida Messarweh und Internatsleiter Bishara Tannous auswirkt. Wir reisen danach über die Allenby Bridge – mit peniblen israelischen Kontrollen – nach Jerusalem weiter.

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Empfang bei Erzbischof Suheil Sawani

Dort werden wir von Erzbischof Suheil Sawani von der Episcopal Church als Schulträgerin empfangen und bringen vor allem das Anliegen vor, die kommissarischn Schulleitung von Pfarrer Khaled Freij, der großartigen Einsatz leistet, in eine „full time“-Beauftragung umzuwandeln, die die Schule dringend nötig hat.

In Jerusalem erleben wir den Sabbat mit singenden und tanzenden Jüdinnen und Juden an der Klagemauer, können uns trotz der Spannungen, die in der Luft liegen, ungestört bewegen und feiern in der Evangelisch-Lutherischen Erlöserkirche, Dr. Gräbes früherer Wirkungsstätte, einen wunderschönen Gottesdienst zum ersten Advent.

Am Samstag zuvor haben wir den Tag in Beit Jala an der Schule Talitha Kumi und danach in Bethlehem verbracht. Pfarrer Jens Nieper vom Berliner Missionswerk und Schulleiter Rolf Lindemann zeigen uns das schöne begrünte Schulgelände, von dem aus wir aber auch sehen, wie hart die trennende Mauer um die Palästinensergebiete die Landschaft durchschneidet. Fast 1000 Kinder besuchen hier Kindergarten, Schule und Hotelfachschule, etwa 60 % christliche und 40 % muslimische Schülerinnen und Schüler – und es kann sogar das deutsche Abitur abgelegt werden. Dass sie in dem eingeschnürten Palästinensergebiet mit hoher Arbeitslosigkeit eine dauerhafte Arbeit finden, ist nach einer so qualifizierten Ausbildung noch am ehesten möglich.

„Dona nobis pacem“ und „Herr, gib uns deinen Frieden“ singen wir mit unserer sangesstarken Gruppe, die zu einer lebendigen Gemeinschaft zusammengewachsen ist, mehrstimmig in den Kirchen, die wir besichtigen – Ermutigung des Advent in all den Sorgen und Ängsten, die nicht einfach weichen, aber in unserem christlichen Glauben doch unter einer lebensübergreifenden Hoffnung stehen. Tief beeindruckt von dem Geist, der die Arbeit in den drei so verschiedenen Schulen trägt, kehren wir nach  Deutschland und in die Schweiz zurück.

Johannes Lähnemann