Es weihnachtet – aber wie?

Immer noch trage ich die Spannung der Eindrücke der Stifterreise zu den beiden Schnellerschulen und deren Patronatskirchen in mir:

Auf der einen Seite Spätsommerwetter mit viel Sonnenschein und angenehmen Temperaturen; Aufspriessen von feinem Grün in der Landschaft nach dem Erguss des ersten Winterregens, dann auch Olivenbäume, die bereits geerntet sind. Ich sehe die Kinder, die spielen, lachen, sich im Schulzimmer konzentrieren und draussen herumtollen; Lehrer, die für Ruhe sorgen und Lehrlinge, die an einem Übungsstück herumschmirgeln. Ein gut besuchter evangelischer Gottesdienst auf Arabisch in Beirut und ein sehr feierlicher Erstadventgottesdienst auf Deutsch in der Erlöserkirche in Jerusalem.

Auf der andern Seite Stacheldraht, Soldaten und Polizisten versteckt in den Checkpoints, Zeltquartiere am Rand eines Dorfes oder auf freiem Feld zwischen den Dörfern; lange Kontrollen an den Grenzübertritten ein Dutzend syrische Flüchtlingsfrauen im Hairdressing Kurs an der JLSS; sie haben ihre Männer verloren und Hab und Gut zurückgelassen. Vielleicht zeigt sich da Weihnachten für jene Musliminnen in der Durchbrechung ihres Vorurteils, dass Christen immer schlecht denken über Muslime. Sie erleben Christen als Menschen mit offenem Herzen und freuen sich, dass eine unserer Reiseteilnehmerinnen sich mit ihnen in ihrer Muttersprache unterhalten kann, denn sie hat ihre frühe Kindheit und erste Schulzeit in Damaskus verbracht.

Das Gedränge in der Geburtskirche in Bethlehem und der touristisch aufgemachte Park mit Sicht auf die Hirtenfelder vermögen bei mir keine Weihnachtsgefühle zu wecken. Und die drei bis fünf Meter hohe Mauer, die sich durch die hügelige Landschaft zwischen Jerusalem und Bethlehem schlängelt, wirkt eben auch nicht gerade weihnächtlich versöhnend.

Die Spannung zwischen sogenannt normalem Alltagsleben, das wir vor allem zu Gesicht bekommen und den Nöten und Ängsten, welche die Leute in sich tragen und um sie herum spüren und uns nicht damit konfrontieren mögen, ist riesengross. Ein kleines Zeichen der Solidarität mit den Lehrerinnen und Lehrern an beiden Schulen übergebe ich den beiden Direktoren in Form eines kleinen Dankesbriefleins mit einem Geldschein als ganz persönliches Weihnachtgeschenk vom SVS. Es möge sie spüren lassen, dass wir die beiden Schulen auch durch die schwierigen Zeiten mittragen.

Wo Zusammenleben von verschiedenen Religionen und Volksgruppen konkret wird wie im Schulalltag an den beiden Schneller Schulen oder im gemeinsamen Chorprojekt des Singkreises Wohlen BE zusammen mit dem palästinensischen Orchester der Birzeit-University unter der Leitung des Kantors der Stadtkirche Aarau, Dieter Wagner, kann der weihnächtliche Friede konkret werden. Vielleicht haben Sie Gelegenheit, das Benefizkonzert (Bach: Weihnachtsoratorium I, IV und VI) am Mittwoch, 27. Januar um 19.30 Uhr  in der Stadtkirche Aarau oder am Sonntag, 29. Januar, um 19.30 Uhr in der reformierten Kirche Wohlen bei Bern zu besuchen. Die Kollekte dient zur Unterstützung der Musikstudenten.

Ursus Waldmeier, Präsident SVS